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So war es gesternTrautonium-Klänge, Poetisches aus Aserbaidschan, Mission Impossible 5, Kritik an öffentlich-rechtlichen Sendern beim PublikumsgesprächUnglaublich, wie groß der Andrang in den Kinos an diesem heißen Donnerstag war. NABAT in Seefeld war ausverkauft. Der Regisseur Elchin Musaoglu aus Aserbaischan stellte seinen sehr poetischen Film persönlich vor. Auch CORINNES GEHEIMNIS von Maike Conway aus Starnberg war sehr gut besucht. Der Film begleitet das HIV-infizierte Mädchen Corinne über einen Zeitraum von zehn Jahren bei dem Versuch, ein "normales" Leben zu führen.
Ein Höhepunkt des Abends war die TRAUTONIUM LIVE-AUFFÜHRUNG, Musiker Peter Pichler ließ die Töne zu den Bildern von Hitchcocks DIE VÖGEL in der Schlossberghalle Starnberg erklingen. Das teure Instrument sieht aus wie eine Mischung aus Mini-Orgel und Retro-Radio mit vielen Knöpfen und Kabeln. Es gibt nur ganz wenige Exemplare von diesem Gerät und folglich nur ganz Wenige, die es spielen können. Das Publikum war fasziniert, wie Pichler die Spannung der Vögel-Szenen mit diesen teils unheimlichen Klängen verstärkte. Auch Hitchcock hätte eine große Freude an diesem Abend gehabt.
Das große Spektrum an Filmen, die auf dem Festival laufen, zeigte sich gestern im Open-Air-Kino Starnberg: Vor der traumhaften Seekulisse verfolgte das Publikum Tom Cruise bei seiner fünften „Mission Impossible“. Übrigens wohl das einzige Open-Air-Kino in Deutschland, in dem der Actionstreifen bereits zum Kinostart läuft.
In der beliebten Reihe "Sieben Räume Sieben Künste" stand gestern die Architektur im Mittelpunkt. Der Regisseur und Architekt Angel Borrego Cubero begleitete den angespannten Prozess, der charakteristisch für Architekturwettbewerbe ist, und stellt damit auf eindringliche Weise deren Sinn in Frage. Danach führte der Architekt Nicolai Baehr aus Starnberg ein Gespräch mit dem Publikum.
CENCORED VOICES, der in der Schlossberghalle lief, beschäftigte sich mit dem Sechstagekrieg von 1967 in Israel. Der Film besteht aus Original-Interviews von Amos Oz mit jungen Kibbuzniks, die gerade vom Dienst an der Front zurückgekehrt waren. Den noch existierenden Fragmenten der Originalaufnahmen wurden Stimmen aus Nachrichtenarchiven und Bilder des Konflikts gegenübergestellt, die das Gesagte in seiner Zeit verorten. Danach sprachen Judith Bernstein und Dr. Rainer Bernstein (Genfer Initiative) mit den Festival-Besuchern.
Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern wurde gestern beim Filmgespräch zu ZEICHNEN GEGEN DAS VERGESSEN laut. Der Film porträtiert den Künstler Manfred Bockelmann, der Bilder von Kindern zeichnet, die im KZ waren, um an die Opfer zu gedenken. Die Dokumentation lässt zudem die Überlebenden zu Wort kommen, die mit dem Unbegreiflichen bis heute umgehen müssen. Die Regisseurin Bärbel Jacks erzählte, wie die öffentlich-rechtlichen Sender mit diesem beeindruckenden Filmprojekt umgegangen sind: „Der Spielfilm-Chef vom BR kennt das Thema seit zwei Jahren und ignoriert es“, berichtete Jacks. Das Team hat immer wieder mit den BR-Redakteuren gesprochen, doch jedes Mal habe es geheißen: „Es ist schön, aber wir haben keinen Platz dafür.“ Der unabhängig finanzierte Film gewann die New York Festivals in Gold für den besten Film und die beste Regie und hat zudem zahlreiche andere Preise erhalten. Auch in Seefeld wurde er begeistert vom Publikum aufgenommen. Ein Festivalbesucher rief die rund 80 Gäste beim anschließendem Gespräch dazu auf, Briefe an den BR bzw. an andere öffentliche Sender zu schreiben, um sich dagegen zu wehren, dass es für solch ein wichtiges Filmprojekt kein Geld gibt: „Die Sender haben einen Programm-Auftrag zu erfüllen.“
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